Gehen statt bleiben: Umzüge

Wie einige von euch schon wissen, werde ich Ende des Jahres meine Heimat verlassen und ins beschauliche Bayern ziehen (alleine diesen Satz zu lesen, zaubert mir zwar ein Lächeln ins Gesicht, ist aber auch ein Schlag in die Magengrube). Ein Schritt, der mir weit schwerer fällt, als ich eigentlich erwartet hätte und der mich momentan sehr beschäftigt. Um meine Gedanken auch einfach mal runter zu schreiben und euch ein paar kleine Einblicke zu geben, gibt es ein Monatsspecial: Gehen statt bleiben. Und zwar beinhaltet es alle Schritte, die ich machen muss. Abschied nehmen, Umziehen, Neustart, Ankommen.

Da mir der Abschied aber am schwersten fällt, beschäftigt sich der erste Eintrag mit den Umzügen, denn die fielen mir eigentlich immer leicht. Das fing schon in meiner Jugend an. Mindestens einmal im Jahr bin ich umgezogen. Nicht in ein anderes Haus, nein, mein Elternhaus ist noch immer dasselbe wie zu meiner Geburt. Aber ich habe regelmäßig das Zimmer gewechselt. Nachdem mein Bruder ausgezogen war, stand sein Zimmer nämlich auch zur Verfügung. Dummerweise hatten beide ihre Vor- und Nachteile. Mein Kinderzimmer war hell, aber klein. Sein Zimmer war dreimal so groß, aber im Keller und dunkel. Also hab ich jedes Mal meine nötigsten Klamotten und ein bisschen Dekokram geschnappt und bin ich in den Sommermonaten in das kühle, dunkle, große Zimmer gezogen. Im Winter ging es dann wieder in das anderes. Dass ich dabei Kisten schleppen und neu einrichten musste, störte mich überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich liebte es, alles neu zu machen. So sehr, dass ich das Treppensteigen und Schleppen in Kauf nahm.

Entsprechend groß war meine Freude, als ich nach dem Abitur zu meinem Freund ziehen konnte, nach Trier in eine Dreier-WG, in der wir uns ein halbes Jahr lang sein Zimmer teilten. Ich packte wieder die nötigsten Klamotten, ein bisschen Deko, stopfte alles ins Auto und fuhr in die gefühlte Freiheit. Die Umstände dieses Umzugs waren mir damals gar nicht bewusst. Zum Beispiel, dass ich meine Schulfreunde zurück ließ und wir uns erstmal nicht sehen würden. Oder dass ich meine Familie maximal alle vier Wochen besuchen konnte. Das kannte ich bisher nicht. Alles Negative wurde durch das Gefühl der Freiheit und auch durch das Auffangen seiner Freunde getilgt. Außerdem wohnte damals noch meine beste Freundin dort, sodass ich eigentlich nie alleine war.

Gila Hanssen  / pixelio.de
Zum Studium hin musste ich wieder zurück. Weil in meiner Studienstadt allerdings keine bezahlbare Wohnung frei war, zog mein Freund mit mir in meinen alten Heimatort in eine kleine Wohnung nah bei meiner Familie. Diesmal fiel der Abschied schwerer. Mir hatte Trierer gefallen, eine kleine Art Neustart, ohne dieses Bodenlose, was ein Neustart des öfteren mit sich bringt. Aber trotzdem packte ich freudig zusammen, schließlich bezogen wir eine Wohnung, die man nicht mit einem Schuhkarton vergleichen konnte und ich würde wieder bei meinen alten Freunden und meiner Familie sein. Die Gedanken beruhigten mich. Der Tag des Umzugs kam, die Clique meines Freundes half fleißig und dann ging es auch schon los in Richtung neue alte Heimat. Wieder bedachte ich nicht die Konsequenzen. Die fielen mir erst auf, als wir mal ein paar Wochen dort wohnten. Das Verhältnis zu meinen Schulfreunden war in dem halben Jahr abgekühlt, die Nähe zu meiner Familie tat gut, engte mich aber auch ein. Ich sehnte mich nach der Freiheit in Trier zurück. Außerdem bin ich in diesem einen Kaff aufgewachsen. Groß genug, um einen Bahnhof und vier Supermärkte zu haben, aber klein genug, um weder weggehen zu können noch viele Freizeitmöglichkeiten zu haben. Ich knüpfte schnell Beziehungen zu meinen Kommilitonen, aber die wohnten eben in meiner Studienstadt, 70 Kilometer weit weg. Ich war völlig ab vom Schuss und mir fehlte das großstädtische. Ich fühlte mich in meiner Heimat nur noch semi-wohl. 

Als wir mit Glück endlich eine Wohnung in der Studienstadt fanden, freute ich mich also wieder auf den Umzug. Wir organisierten Helfer an beiden Orten, räumten wie die Wilden drauf los, tapezierten und strichen die neue Wohnung, voller Elan. Bis wir tatsächlich einzogen und schnell merkten, dass Umzüge tatsächlich mit enormer Arbeit verbunden sind. Denn wir zogen in die fünfte Etage. Ohne Aufzug. Die Euphorie war also nach einer Viertelstunde wie weggeblasen. Dummerweise erwischten wir auch noch den heißesten Tag des Jahres, womit nicht nur genügend Arbeit, sondern auch Schweiß im Übermaß vorhanden war. Insgesamt dauerte das Elend über 12 Stunden, die wir ohne unsere Freunde nicht überlebt hätten. Aber spätestens ab dem Zeitpunkt war mir klar, dass Umzüge nicht einfach so über die Bühne gehen - erst Recht nicht immer und automatisch.

Umso skeptischer sehe ich dem anstehenden Umzug entgegen, denn ich weiß jetzt schon, dass mir das schwer fallen wird. Nicht nur, wieder Sachen aus dem fünften Stock ins Erdgeschoss zu schleppen, sondern auch das Ausräumen der Wohnung, in der meine Eltern enorm viel mit uns zusammen gemacht haben, um sie schön sein zu lassen. Das Verlassen der Region, in der ich groß geworden bin. Der Abschied von den Freunden, die mich jetzt Jahre - manche viele, manche erst wenige - begleitet haben und die für mich meine zweite Familie geworden sind. Und die Distanz, die dann zwischen meiner Familie und mir liegt, sodass ich sie nur noch alle paar Monate besuchen kann. Das tut weh, auch wenn ich mich freue. Ich erwische mich auch immer wieder bei dem Gedanken: Wie konntest du Umzüge früher nur so geil finden? Nur um mir selbst die Antwort zu geben: Warum tu ich mich damit gerade so schwer?

Insgesamt pendelt es gerade enorm zwischen Vorfreude, Abschied nehmen, Angst vor dem kompletten Neustart, ach ja, und Vorfreude. 

Aber dazu gibt es beim nächsten Gehen statt bleiben-Eintrag mehr. :-)

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