Meine 5 Minuten gehen diese Woche an... Ernährungstrends!

Ursprünglich fing alles mit einem Buch an. Einem Buch, das ich eigentlich gar nicht haben wollte. Wie das geht? Ich fand im Sommer in meinem alten Kinderzimmer einen Büchergutschein im Wert von 20 Euro. Hatte ich zum Abitur geschenkt bekommen, war also schon ein paar Jährchen alt und ist irgendwo in den Tiefen meiner Schränke von mir verbummelt worden. Ich freute mich über den Gutschein, denn ich lese echt gerne und viel, stellte dann aber mit Entsetzen fest, dass zwei der vier Buchhandlungen, in denen der Gutschein gilt, bereits seit mehreren Wochen beziehungsweise seit wenigen Tagen geschlossen hatten. Das dritte der vier Geschäfte lag viel zu weit entfernt und das vierte sollte in einer Woche zumachen. Ich musste da also hin und zwar möglichst schnell, schließlich wollte ich den Gutschein nicht verfallen lassen.

Das schaffte ich auch: Ich war dort. Nun gab es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute: Sie machten dort einen großen Ausverkauf, fast alles, was noch im Laden war, wurde günstig verhökert. Die Schlechte: Das, was noch dort war, interessierte mich nicht, denn es handelte sich um alte Klassiker und Fachliteratur, die ich im sechsten Semester nicht mehr anzuschaffen brauchte. Und ich wollte auch kein Buch kaufen, das nur der Deko wegen im Regal steht. Was ich an Büchern kaufe, möchte ich lesen können, ohne mich nach zehn Seiten zu langweilen oder mich dazu gezwungen zu fühlen. Ich wollte schon enttäuscht den Laden verlassen, als mir ein kleiner Tisch vor der Kasse auffiel, der im Gegensatz zum Rest des Geschäfts richtig schön aufbereitet war. Mit Dekoration, interessanter Anrichte, eben ein schönes Verkaufstischchen. Darauf lagen etliche, vergünstigte Kochbücher neben einem besonders großen, das mir sehr bekannt vor kam. "Delicously Ella - Für jeden Tag" stand drauf. Schon mal gehört, da war ich mir sicher. Es war noch neu, nicht heruntergesetzt, Hardcover. Aber ich hatte den Gutschein, ich schien nichts besseres zu finden - also nahm ich es mit. Die Entscheidung wurde sogar noch von den Verkäuferinnen beschwärmt.

Zwei Tage später. Ich hatte endlich die Gelegenheit, mal in das Buch rein zu lesen. Die Autorin, Ella Woodward, erklärt detailliert, warum sie ihre Ernährung umgestellt hatte und jetzt Clean Eaterin war. Der Begriff war mir zu gut bekannt, ich finde nämlich, das ist ein gutes Ernährungskonzept. Statt Fertigwaren kauft man nur noch frische Produkte und kocht beziehungsweises bereitet daraus selbst Mahlzeiten vor. Ist mit Sicherheit gesund und nur wenig aufwendig als Fertigkram zu machen.
Nur je länger ich in Woodwards Buch rein las, desto mehr wuchs das Stirnrunzeln. Sie stellte beispielsweise vor jedes große Kapitel ("Suppen", "Snacks", "Desserts") eine Einkaufsliste und eine Liste mit Dingen, die nötig sind. Grobes Zitat: Es wird zwar teuer und aufwendig sein, aber es lohnt sich. Übersetzt: Ihr begebt euch auf eine schwierige, beschwerliche Reise, aber am Ziel angekommen werdet ihr euch freuen. Ehm ja. Was sich auf den Listen befand? Tamarin, Macapulver, Puy-Linsen, Kurzkorn-Vollkornreis. Unter anderem. Jeder, der jetzt verständnislos guckt und sich fragt: Mareike, kennst du das etwa nicht?, sollte kurz sein Leben überdenken - oder mir Tipps geben, woher, um Himmels Willen, man so was bekommt! Denn nicht nur, dass das ungewöhnlich klingt, so etwas gibt es im normalen Supermarkt nicht. Da muss man schon Spezialläden oder Amazon aufsuchen und selbst da sucht man sich einen Ast ab. Ähnlich ist das mit den Küchengeräten. Man braucht zum Beispiel so einen Gemüseschäler, der aus Zucchini Spaghetti machen kann. Oder einen Mixer, der Cashewkerne so klein kriegt, dass sie cremig werden. Oder einen Dampfgarer (von denen ich gehört habe, dass sie gefährlich sind! - Übrigens: Jedes dieser ungewöhnlichen Worte wird von blogspot rot unterstrichen, das will auch schon was heißen!).

Erwin Lorenzen  / pixelio.de
Was sich jedenfalls herausstellte: Delicously Ella behauptet, köstliche, einfache Rezepte für ein gesundes Leben gefunden zu haben. Die stellt sie im Buch vor. Allerdings bezieht sie sich nicht aufs reine Clean Eating, sondern auch noch auf Veganismus und Glutenfreiheit. Im Prinzip isst sie also nur noch Gemüse und diesen ungewöhnlichen Kram. Das hat mich skeptisch gemacht, denn mal ganz davon abgesehen, dass eine einschränkte Ernährung aus gesundheitlichen oder ethischen Gründen völlig legitim und mit Sicherheit auch gut und verkraftbar ist, muss eine Ernährung, wie sie Woodward lebt, doch zu maßlosen Mangelerscheinungen führen! Egal, ich hab es ausprobiert. Letztes Wochenende, nach viel Überwindung und vor allem Rezeptesuche, denn bei weitem nicht alles lacht mich an (oder ist realisierbar). Es sollte einmal Rosenkohl mit Kartoffelecken, Nüssen und Granatapfel werden und Spaghetti Carbonara (ohne Ei, Speck oder Parmesan, also im Prinzip ohne alles, was eine Carbonara eigentlich ausmacht). Stattdessen kam Kürbis rein, cremig gemixte Cashewkerne und Gemüse. Soweit, so unspektakulär. Ich kaufte auf dem Markt (um es wirklich clean und korrekt zu machen) ein und wagte mich an die Rezepte. Der Rosenkohl ist tatsächlich relativ schnell gemacht, mal abgesehen vom typischen Vorbereiten. Das Rezept ist sogar gar keine schlechte Idee, aber insgesamt auf ihre Zubereitungsart recht geschmacksneutral. Die Carbonara war aufwändiger. Kürbis schälen, schneiden, kochen, Cashewkerne parallel einweichen, alles mixen, Nudeln kochen, Gemüse braten, würzen, alles mischen. Was anfangs richtig gut aussah, war am Ende eine Pampe aus Spaghetti mit Nüssen und Gemüse. Das Beste war das Gemüse. Normale Carbonara ist leckerer. Von köstlichen Rezepten kann also leider nicht die Rede sein, einfach war es nur bedingt. Höchstens der Faktor "gesund" könnte zutreffen. 

Das Problem ist, dass Ernährungstrends, gerade was diese Faktoren betrifft, mit den Menschen spielen. Grundsätzlich sind Diätrezepte inzwischen "köstlich und gesund", sie sind vollwertig und nahrhaft. Und die Leute glauben das, bis sie es mal probieren. Wie gesagt, kleine Einschränkungen sind für eine gesunde Ernährung notwendig. Es macht Sinn, wenig Fleisch zu essen (oder sogar ganz darauf zu verzichten, Ersatzstoffe kriegt man tatsächlich woanders her und man verzichtet auf die Hormone und das Antibiotika im Fleisch), Kohlenhydrate in einem gewissen Ausmaß zu sparen oder Süßigkeiten wegzulassen. Das Wichtige dabei ist das Oder. Denn wenn man sich komplett einschränkt und sich nur noch von einer bestimmten Art Essen ernährt, fehlt einem früher oder weniger alles andere. Das zeigt sich entweder durch extreme Fressattacken, weil der Körper mehr oder weniger auf Entzug ist, oder, noch schlimmer, durch Mangelerscheinungen wie Haarausfall, brüchige Fingernägel, schlechte Haut. Außerdem schmeckt Diätnahrung oftmals tatsächlich nicht besonders gut, was wiederum auf Dauer ziemlich ätzend ist. Man will doch nichts essen, was man nur widerwillig runter bekommt. Leere Kalorien nenne ich das. Dann lieber etwas kochen, was man liebt und gerne isst und das schlichtweg von der Menge reduzieren. Statt zwei Tellern einen, den aber genießen. So einfach kann es sein. Denn dann folgt keine Sehnsucht nach dem Leibgericht. Man bekommt es ja schließlich regelmäßig. Ähnlich ist das mit Süßigkeiten. Reduzieren macht Sinn, weglassen sorgt aber dafür, dass man es unbedingt will und früher oder später "Rückfälle" hat.

Deshalb halte ich insgesamt von diesen Ernährungstrends echt wenig. Die Leute und Verläge, oder hier konkret Ella Woodward, sagen einem zwar: Ich esse so, deshalb bin ich total gesund und fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen (unabhängig vom Wunsch, weniger zu wiegen, spielt mittlerweile nämlich vor allem das gut fühlen und die Achtsamkeit eine große Rolle, übrigens auch so ein Trend). Aber nur weil das Marketing der Firmen oder Personen gut funktioniert - oder sie sich möglicherweise wirklich besser fühlen - heißt das noch lange nicht, dass das auf dich, lieber Leser, oder mich auch zutrifft. Sinnvoll ist, herauszufinden, was man gerne mag, was davon gesund ist und das Gesunde öfter zu kochen, während man das Ungesunde öfter weg lässt. Daraus ergibt sich ein ganz persönlicher, eigener Ernährungstrend, der einem aber auch gut tut. Und bei dem man vielleicht auch keinen Dampfgarer braucht. :-)

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