Meine 5 Minuten gehen diese Woche an... alternde Bands!

oder: Warum Linkin Park mir gerade das Herz bricht!

Musik begleitet uns unser Leben lang. Vor allem die Musiker, die sie machen. Manche Bands kennen wir sogar, seit wir klein sind. Und das ist einerseits schön, andererseits aber gefährlich. Denn nicht nur wir werden älter, auch die Musiker. Sie entwickeln sich weiter, genauso wie ihre Musik. Was dabei raus kommt, kann mutig sein, peinlich oder einfach nur grausig.

Denken wir zum Beispiel an die Rolling Stones. Die haben sich in den letzten fünfzig Jahren nicht wirklich verändert. Was bei über 70-Jährigen langsam Mitleid hervorruft. Niemand will sehen, wie ein Opi noch mal Vater wird, weil er dermaßen die Sau raus lässt. Musikalisch ist das vielleicht ganz nett, aber irgendwann fährt für jeden mal der Zug ab.

Eine der Bands, die das älter werden gut hinbekommen hat, sind die Red Hot Chili Peppers. Ihr Stil hat sich ständig gewandelt, aber verloren haben sich die Kalifornier nie. Auch wenn sie sich neu erfunden haben oder experimentiert. Ich kann sie noch guten Gewissens hören und erkenne sie nicht nur bei alten Songs, was an der ganzen Band liegt, nicht ausschließlich an Sänger Anthony Kiedis.

Doch es kann auch in eine ganz andere Richtung gehen. Statt peinlich oder stilsicher wird es jetzt grausig und - zumindest für mich - traurig. Denn eine Band hat sich dermaßen verändert, dass es mir das Herz bricht: Linkin Park. Damit ihr mich versteht, erkläre ich euch hier ein bisschen den Hintergrund.

1996 gegründet, brachten die sechs Amerikaner 2000 ihr erstes Album, "Hybrid Theory" auf den Markt. Der Stil: Harter Rock gemischt mit aggressivem Rap, Stilrichtung Nu Metal, die die Band mitunter ins Leben rief. Die Themen: Depressionen, schlechte Menschheit, alles scheiße. Oder: Wut. So könnte man es am besten zusammenfassen. Ein Beispiel: "In the End".

https://www.youtube.com/watch?v=eVTXPUF4Oz4

Zwei Jahre später veröffentlichten sie "Meteora". Der Stil ist ähnlich, teils schneller, teils professioneller aufgenommen. Aber insgesamt genauso gut. Aus dem Album stammen Lieder wie "Numb" oder "Faint", die auf jeden Rockparty laufen:

https://www.youtube.com/watch?v=kXYiU_JCYtU

Auch optisch erkennt man, was die Band damals aussagen wollte. Alle sehen locker aus, leger, bodenständig. In ihren Videos treten sie wütend auf, bunt gefärbte Haare, Bart, grimmige Grimassen. Sie lassen in den Songs alles raus - Beziehungen werden verarbeitet, Idioten bekommen ihre Abrechnung, es wird an der Identität gefeilt. Kurzum: Hört man eines der beiden ersten Alben, verarbeitet man automatisch mit. Man lässt alles raus, bis sich der Nebel verzieht und die Sonne wieder scheint.

Ich war in meiner Teeniezeit ein absoluter Fan der Band. Ist etwas Blödes vorgefallen, brachte mich die Musik erst rauf und dann runter. Ich kann, zugegeben etwas peinlich, bis heute alle Texte des ersten und zweiten Albums mitsingen - und rappen. Jeden Song.

Das Zwischenprojekt mit Jay-Z war komisch, aber verzeihbar. Immerhin waren das Songs der Band, die nur mit Hip-Hop aufgemischt wurden. Etwas ähnliches hatten sie selbst schon mit dem Remix-Album "Reanimiation" Jahre zuvor getan. Und Hip-Hop gehört eben zur Band dazu, schließlich rappen sie auch.

Aber weiter in der Geschichte. 2006 erschien ihr drittes Album, "Minutes to Midnight". Kurze Anekdote: Mein Vater fuhr mich in den CD-Laden, damit ich es direkt am Erscheinungstag kaufen konnte. Mit popeligen 14 Jahren. Ich hatte meinen tragbaren CD-Player dabei, um die neuen Songs direkt zu hören. Als ich das Album anmachte und zuhörte, bekam mein Herz einen ersten Knacks. Denn das war nicht mehr mein Linkin Park. Auch wenn manche Songs noch ganz gut waren.
Linkin Park wollte sich nämlich neu erfinden. Statt aggressiven Songs mit Rap-Parts, sang nun auch der Rapper. Der Stil wurde poppiger, die Wut war weg. Zumindest war sie sehr viel weniger geworden. Um euch ein Bild davon zu verleihen, hier der bekannteste Song "What I've Done":

https://www.youtube.com/watch?v=8sgycukafqQ

Von da an nahm mein Interesse an der Band ab. Aber bei jedem neuen Album brach mein Herz ein Stück weiter. Denn was die Band ausgemacht hatte, womit sie erfolgreich geworden war, fiel stetig weg: Wut, Melancholie, Verbitterung. Dinge, die wirklich nicht gut für die Menschen sind, die aber sehr gut tun, wenn man selbst in einer misslichen Situation steckt oder sich mies fühlt. Stattdessen wurde die Gruppe sehr viel erfolgreicher mit Poprock. Mit Musik also, die so viele andere Bands so viel besser können. Beispiel: "Burn it Down".

https://www.youtube.com/watch?v=dxytyRy-O1k

Heute tragen die Männer enge Skinny-Jeans, Lederjacken, sind durchgestylt von oben bis unten. Tokio Hotel aus Amerika in einer älteren Version, so in etwa. Und obwohl die Masse inzwischen die Band kennt, lässt sich zum Beispiel aus Spotify lesen, dass die alten Songs, "Numb" oder "In the End" noch immer am erfolgreichsten sind. Die hören die Leute heute noch. Die Popsongs werden schneller vergessen sein.

Aus dem bisher neuesten Album, "The Hunting Party", kenne ich kein einziges Lied mehr. Obwohl ich viel Radio höre. Dabei rockte die Band wieder mehr. Wozu entschieden sie sich? Noch poppiger werden! Und genau das ist auch der Anlass für diesen Eintrag. Gestern im Radio habe ich ein Lied gehört, das ganz nett klang. Trauriger Pop mit feiner Frauenstimme. Ich schaute nach, von wem der Song war und fiel vom Stuhl: Linkin Park. Die ein Lied machen, das absolut nichts mehr mit Nu Metal zu tun hat. Und deren Feature-Sängerin noch ein Jahr jünger ist als ich, dabei sind die Herren inzwischen Mitte 40! Hier ist das gute Stück "Heavy":

https://www.youtube.com/watch?v=5dmQ3QWpy1Q

Ich weiß, das klingt verbittert und böse - wie die alten Songs der Band. Aber dass sich meine frühere Lieblingsband so verkauft, um Erfolg zu haben, schmerzt. Noch mehr schmerzt, dass der Ursprung, der Kern der Musik völlig verschwunden ist. Was natürlich auch am Alter liegt, um wieder zum eigentlichen Thema zurück zu kommen. Schließlich hatten alle mit einer harten Jugend zu kämpfen, wie jeder von uns. Dass die Wut verschwindet, wenn man eine Familie gründet und dass man ruhiger wird, wenn man altert, verstehe ich auch. Aber sich so von sich selbst weg zu entwickeln? Nee, da hört's auf. 

Ich jedenfalls hab mit Linkin Park abgeschlossen. Und höre lieber die Rolling Stones. Oder die alten Songs. 

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