Meine 5 Minuten gehen diese Woche an... die Fastnacht!

...oder warum Tradition viel zu oft Sexismus bedeutet

Couleur auf Pixabay 
Als frühere Mainzerin bin ich faschingsgeprägt. Das kann zwar positiv gemeint sein, ist es aber nicht. So witzig die Sitzungen (manchmal) auch sind, das unnötige Zuballern mit Alkohol war mir irgendwann zu viel und so bin ich mit Anfang 20 ausgestiegen und habe immer darauf geachtet, vom Altweiberdonnerstag bis Faschingsdienst irgendwo zu sein, wo die Fastnacht nicht ist.

Überdacht habe ich diese Einstellung erst durch mein neues Zuhause, denn in der Region spielt die Fasnet, wie es hier heißt, eine ganz schön große Rolle, auch auf der Arbeit. Und die Tradition ist hier einfach eine ganz andere. Also fand ich mich am Montagabend mit meinen Kollegen beim Griechen zur Maschgera wieder, ein langjähriger Brauch, bei dem einzelne lokale Gruppen von Lokal zu Lokal ziehen und ihre Beiträge präsentieren, während die Narren gemütlich auf ihren Stühlen sitzen, Weinchen oder Bierchen trinken und zuhören. Eine Prunksitzung im Mikrokosmos sozusagen.

Das ganze war auch ganz witzig - bis zu einem gewissen Punkt. Kurz vor Mitternacht zog ein Narr, Mitglied in einer etablierten Gruppe, seine Gitarre und stimmte ein Lied an. Den Inhalt möchte ich euch nicht vorenthalten: Ein von seiner Frau geplagter Mann wünscht sich Braten mit Spätzle, sie brät ihm aber nur Zucchini. Sie bittet ihn ständig, dies und das zu reparieren (wie das nervt). Also wirft er sie zum Fenster raus und freut sich auf ein Leben in Freiheit. Eines, das letztlich damit Ende - das ist die Pointe - dass die böse Alte ihm das Konto leer räumt.

Klischees am Rande der Geschmacklosigkeit

Im ersten Moment war ich irritiert, im zweiten Moment fassungslos. Mag sein, dass sich manch armer Mensch nach 20 Jahren Ehe plagt und seinen Partner hasst, aber die Frau so klischeehaft und furchtbar darzustellen, dass am Ende sogar der Wunsch besteht, sie auf unschöne Art loszuwerden, geht gar nicht. Denn ganz klar: Sie ist in dem Lied die böse. auf der herumgehackt wird. Charmant, oder?

Genau das, liebe Leute, ist Sexismus in seiner schönsten Form. Frauenbashing unter dem Mantel des Humors. Egal, was sie macht, es ist falsch. Ihn bekochen, den Haushalt führen? Macht sie eh nicht richtig. Ein Mann brauche seine Freiheit vom Gefängnis der Ehe. Er der Gute, sie die Böse. Und die Pointe ist nicht einmal, dass er womöglich übertrieben hat, es bemerkt und sie doch die Größte für ihn ist, sondern dass die blöde Kuh auch noch sein Konto räumt. Frauen sind anscheinend ganz schöne Miststücke, oder?

Diskriminierung unter der Maske des Humors

Was bin ich nur für eine Spielverderberin, könnte man jetzt denken. Ist doch nur Spaß, ist doch Fasching! Aber da halte ich vehement dagegen. Der Spaß hört für mich auf, wenn Menschengruppen diskriminiert werden. Oder ist es etwa okay, an Fasching abfällige Lieder über Farbige oder Menschen mit Behinderung zu singen? Wäre unangenehm. Genauso sollte es mit Liedern über Frauen sein. Auch wir waren bis vor etwa 50 Jahren auch noch hintenan, mussten den Mann um Erlaubnis bitten, arbeiten zu gehen und durften bis ins 20. Jahrhundert vom Ehemann vergewaltigt werden. Ganz legal. Diskriminierung pur. Warum sollte es jetzt also okay sein, die Frau so abzustempeln und auf vermeintlich humorvolle Art niederzumachen? Umgekehrt kommen Frauen gar nicht auf die Idee, derart abfällige Lieder über die Männer zu texten. Und ich bin mir sicher, das fände auch bei weitem nicht jeder so lustig.

Nächstes Argument: Das war doch immer schon so, dass über so etwas gelacht wird. Ja, mag sein, aber nur weil etwas immer schon so war, heißt es nicht, dass es gut ist. Man denke an die Sklaverei. Gab es auch sehr lange, war trotzdem nicht cool.

Frauen machen verstrahlt mit

Und es geht weiter: Es haben doch alle mitgemacht, alle hatten Spaß, keiner beschwert sich, warum dann du? Das macht mich ja tatsächlich am meisten fertig. Dass die Frauen lachen und jubeln. Sind denn alle verstrahlt? Nein, eher so sehr mit den alten Rollen betraut, dass sie es okay finden, dass über sie gelacht wird. Ist doch genauso im Alltag bei sexistischen Witzen. Die erste Reaktion bei Frauen: verlegen kichern. Wird schon witzig sein. Ganz ehrlich? Nein, ist es nicht. Kein bisschen. Und wir Frauen brauchen auch den Mumm, das zu zeigen. Denn ich glaube nicht, dass die Frauen sich an dem Abend nicht beschwert haben, weil sie das alles so toll fanden, sondern weil sie entweder nicht über den Text nachgedacht haben oder die Botschaft einfach abwinken. Traurig, wie ich finde.

Wie gesagt, Fasnet kann lustig sein, wirklich. Aber dann doch bitte auf Augenhöhe. Mal niemanden diskriminieren, oder vielleicht gezielt. Ich fand es zum Beispiel ganz schön lustig, dass unser Stadtrat durch den Kakao gezogen wurde, aber das war aufgrund seiner Handlungen, nicht aufgrund seines Geschlechts, seines Aussehens oder anderen Oberflächlichkeiten. An dem Punkt setzt Gleichberechtigung an. Und vielleicht muss der eine oder andere Narr einfach noch lernen, was Gleichberechtigung ist.

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