Meine Plädoyer an... die Kleinstadt!

oder warum ein Großstadtmädchen nicht auch eins bleiben muss

Letztens habe ich mich, Schande über mein Haupt, beim Schubladendenken erwischt. Und ich habe es erst gemerkt, weil ich meine Einstellung überdacht und geändert habe. Es geht ums Städtertum. Bisher war ich der festen Überzeugung, dass Menschen einfach für eine bestimmte Lebensweise gemacht sind. Die einen lieben das Dorf- und Landleben, die anderen können ohne Stadtluft nicht atmen und die Dritten sind unentschlossen und wohnen deshalb in einer Kleinstadt. Der Kompromiss, sozusagen.

Bild von FotoRieth auf Pixabay

Ich komme aus einer solchen Kleinstadt. Unter 10000 Einwohner, alles in Reichweite, trotzdem verschlafen. Als ich zum ersten Mal in Berlin war, wusste ich: Da geht mehr. Also bin ich für mein Studium ins Herz von Mainz gezogen, habe das Studentenleben dort auch in vollen Zügen genossen und war mir alles in allem sicher, dass es mich in die Metropole zieht.

Realismus spielt immer mit rein

Entsprechend froh war ich, dass ich in meinem Volontariat "wenigstens" in Kempten leben durfte, der "Allgäu-Metropole" (ja, die Anführungszeichen sind mehr als verdient). Aber ich landete beruflich nicht in Kempten, ich arbeitete in Buchloe. Einer Stadt, so unhistorisch, klein und schnörkellos, dass sie einfach nichts besonders machte. Ich war also wieder in der Kleinstadt gelandet. Und plötzlich merkte ich, dass das gar nichts schlechtes war - abgesehen vom Realismus meiner Berufssituation. Denn rein rechnerisch ist klar, dass man als Lokalredakteur eher nicht in einer Großstadt landet. Erstens gibt es davon eindeutig weniger und zweitens sind diese Stellen heiß begehrt. Auf dem Land sieht das einfach noch entspannter aus.

Schon im Volontariat dachte ich mir, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, dass dieses Kleinstadtleben ganz nett ist. Jetzt lebe ich in einer etwas größeren, aber immer noch ganz schön kleinen Stadt. Und ich merke, dass mir das wirklich taugt. Umgekehrt hatte ich letztens im Urlaub, als mein Freund und ich durch Lübeck spazierten, Beklemmungen. Andauernd Menschen und Chaos? Nee, lieber mal einen Städtetrip und dann wieder zurück. Trubel ja, aber überschaubar. Mir reicht es, wenn ich drei Kneipen, fünf Restaurants und meine Freunde um mich herum habe. Wenn ich zur Arbeit gehen kann und nachts nicht sofort das Gefühl bekomme, der einsamste Mensch der Welt zu sein. Und wenn ich daran denke, einmal Kinder zu haben und sie großzuziehen, mache ich das lieber an einem Ort, der nicht ganz so vor Leben überquillt.

Charakter? Nein, Phase

Entsprechend habe ich meine Meinung geändert: Nein, es gibt keine reinen Stadt- oder Landmenschen. Das hängt auch sicher nicht vom Charakter ab, sondern einfach von der Lebensphase. Da sind wir ganz individuell, egal, ob Hamburg oder Oberostendorf. Und das ist gut so.

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